Skudelny, Rülke und Diestler bei der Vorstellung des Volksbegehrens.

Baden-Württemberg FDP will "XXL-Landtag" mit Volksbegehren verhindern

Stand: 30.04.2025 15:14 Uhr

Die Liberalen starten am kommenden Montag mit der Sammlung von Unterschriften. Das Ziel: Der baden-württembergische Landtag soll kleiner werden. Sie brauchen 770.000 Unterschriften.

Die baden-württembergische FDP möchte verhindern, dass der Landtag immer weiter wächst. Um dem gegenzusteuern, beginnen die Liberalen am kommenden Montag mit der Sammlung der Unterschriften für das Volksbegehren "XXL-Landtag verhindern". Es ist die zweite Initiative dieser Art. Das Volksbegehren mit der Überschrift "Landtag verkleinern", initiiert von einem Bürger, hatte das erforderliche Quorum nicht erreicht. FDP-Landesvorsitzender Hans-Ulrich Rülke, Generalsekretärin Judith Skudelny und Initiator Dieter Distler haben das Volksbegehren am Mittwoch vorgestellt.

Volksbegehren gegen XXL-Landtag startet

Ende Februar hatte der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass das Volksbegehren zulässig ist. Der Gesetzesentwurf widerspreche weder der Landesverfassung noch dem Grundgesetz, so die Begründung des Verfassungsgerichtshofs. Ende Dezember 2023 hatte das Innenministerium vorerst den FDP-Antrag abgewiesen. Die Begründung: Bei einer Mindestgröße des Landtags von 120 Abgeordneten müsse mindestens die Hälfte der Abgeordneten über die Direktwahl bestimmt werden.

BW-Landtag: Wie kommt es zu Überhang- und Ausgleichsmandaten?
Wählerinnen und Wähler haben bei Landtagswahlen in Baden-Württemberg seit einer Änderung des Landtagswahlrechts 2022 eine Erst- und Zweitstimme - genauso wie bei der Bundestagswahl. Das Kräfteverhältnis der Parteien im Landtag von Baden-Württemberg richtet sich in erster Linie nach dem Ergebnis der Zweitstimmen. Mit der Zweistimme wählt man eine bestimmte Partei. Mit der Erststimme entscheidet man, welche Person aus dem eigenen Wahlkreis in den Landtag kommt. Hier ein vereinfachtes Beispiel: Die A-Partei gewinnt durch die Erststimmen mehr Wahlkreise und damit Sitze für sich, als ihr eigentlich prozentual durch die Zweitstimmen zustehen. Trotzdem ziehen alle direkt gewählten Kandidatinnen und Kandidaten der A-Partei in den Landtag ein. Dadurch sind sogenannte Überhangsmandate entstanden. Bliebe es so, wäre die A-Partei viel zu stark im Landtag vertreten. Darum erhalten alle anderen Parteien zusätzliche Sitze, sogenannte Ausgleichsmandate. Es wird also so lange aufgefüllt, bis die Mandate der A-Partei wieder dem prozentualen Teil aller Sitze entsprechen, den sie über die Zweistimmen errungen hat.

BW-FDP fürchtet zu großen Landtag

Die Liberalen gehen davon aus, dass der Landtag nach der letzten Wahlrechtsänderung auf mehr als 200 Abgeordnete anwachsen könnte. Denn bei der Reform 2022 wurden in Baden-Württemberg Erst- und Zweitstimme eingeführt, zuvor gab es nur eine Stimme. Mit der Erststimme wird der Wahlkreiskandidat oder die Wahlkreiskandidatin direkt gewählt. Die Zweitstimme geht an eine Partei, die dafür eine Landesliste aufstellt. Die Sitze im Landtag werden nach dem Anteil der Zweitstimmen verteilt.

Für den Fall rechnet der Landesrechnungshof nach Medienberichten mit zusätzlichen Kosten von bis zu 200 Millionen Euro. Die Landesverfassung sieht eine Sollgröße von 120 Abgeordneten vor, jetzt schon vertreten 154 Abgeordnete im Landtag von Baden-Württemberg 70 Wahlkreise. Diese sollen nach dem FDP-Vorschlag auf 38 reduziert werden, wie derzeit schon bei der Bundestagswahl.

Volksantrag, Volksbegehren und Co. - Eine Übersicht
Ein Volksantrag richtet sich an den Landtag. Wenn ein Volksantrag Erfolg hat, muss der Landtag sich mit dem Thema des Antrags beschäftigen. Das kann jedes Thema der "politischen Willensbildung" sein - auch ein Gesetzentwurf. Damit sich der Landtag mit dem Antrag befasst, brauchen die Antragsteller die Unterschriften von mindestens 0,5 Prozent der bei der letzten Landtagswahl Wahlberechtigten: In Baden-Württemberg sind das knapp 39.000 Menschen. Ein Volksbegehren beantragen Bürgerinnen und Bürger bei der Landesregierung, genauer: beim Innenministerium. Dem Volksbegehren muss ein rechtlich einwandfreier Gesetzentwurf zugrunde liegen, für den die Antragsteller mindestens 10.000 Unterschriften von Wahlberechtigten gesammelt haben - dann lässt das Innenministerium das Begehren zu und weitere Unterstützerinnen und Unterstützer können sich ihm anschließen. Damit der Landtag über das Begehren abstimmt, muss mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten es unterstützen: In Baden-Württemberg sind das rund 770.000 Menschen. Für Volksantrag und Volksbegehren gilt: Alle, die unterzeichnen, müssen sich von ihrer Gemeinde auf diesem Formblatt bestätigen lassen, dass sie jeweils wahlberechtigt sind. Fehlt diese Bestätigung, zählt die Stimme nicht. Wenn ein Volksbegehren erfolgreich ist, aber der Landtag den dadurch eingebrachten Gesetzentwurf nicht annimmt, gibt es eine Volksabstimmung (auch "Volksentscheid" genannt). Alle in Baden-Württemberg Stimmberechtigten können dann mit "Ja" oder "Nein" über den Gesetzentwurf abstimmen. Das Gesetz ist beschlossen, wenn es:
  • 1. die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält und
  • 2. a) bei einfachen Gesetzen: diese Mehrheit aus mindestens einem Fünftel aller Stimmberechtigten besteht (in BW etwa 1,5 Millionen Menschen); beziehungsweise
  • 2. b) bei verfassungsändernden Gesetzen: diese Mehrheit aus mehr als der Hälfte aller Stimmberechtigten (in BW etwa 3,8 Millionen Menschen) besteht.
Auch auf Gemeindeebene sind solche direktdemokratischen Verfahren möglich. Hier heißen sie Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. Ein weiteres Instrument zur Bürgerbeteiligung sind die sogenannten Bürgerforen (auch "Bürgerräte" genannt). Die Initiative geht hier aber nicht von den Bürgern selbst aus, sondern von der Regierung. Sie legt ein Thema fest, über das in dem Forum diskutiert werden soll. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zufällig ausgewählt; Ziel ist eine möglichst große Vielfalt, was örtliche Herkunft, Alter, Bildungsabschluss und Migrationshintergrund betrifft. Man kann sich für so ein Forum also nicht selbst bewerben. Nach Abschluss seiner Beratungen legt ein Bürgerforum der Politik eine Empfehlung vor - die Entscheidung bleibt bei der Regierung und dem Parlament.

Volksbegehren gegen "XXL-Landtag" braucht 770.000 Unterschriften

Die FDP startet ihr Volksbegehren erst im zweiten Anlauf. Ab kommendem Montag hat die FDP sechs Monate Zeit, um die nötigen rund 770.000 Unterschriften von Wahlberechtigten zu sammeln. Mit ihrem Anliegen sind die Liberalen jedoch nicht alleine: Bereits Mitte Februar war ein anderes Volksbegehren gegen die Aufblähung des Landtags gescheitert. Die Initiatoren hatte mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt.

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