
Baden-Württemberg Kanzlerwahl im ersten Anlauf gescheitert: Zweiter Wahlgang noch heute
Friedrich Merz (CDU) ist im ersten Wahlgang zum Bundeskanzler gescheitert. Er konnte keine Mehrheit erzielen. Für einen solchen Fall gibt es im Grundgesetz genaue Vorgaben.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ist eine Kanzlerwahl im ersten Wahlgang gescheitert. CDU-Politiker Friedrich Merz hat nicht die erforderliche Mehrheit der Stimmen erreicht.
Friedrich Merz scheitert bei Kanzlerwahl
Um Kanzler zu werden, hätte Merz mindestens 316 Stimmen gebraucht. Er kam jedoch lediglich auf 310 Ja-Stimmen. Insgesamt hat die Koalition aus Union und SPD 328 Sitze im Bundestag.
Wer gegen Merz als Kanzler gestimmt hat und aus welcher Partei die Gegenstimmen kamen, ist nicht klar. Die Kanzlerwahl ist eine geheime Abstimmung.
Wann findet die nächste Kanzlerwahl statt?
Am Dienstag hieß es zunächst, dass es keinen erneuten Wahlgang am selben Tag mehr geben wird. Das bestätigten die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher und Steffen Bilger, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestragsfraktion.
Nachdem es aus den Reihen der Grünen, der AfD und der Linken entsprechende Signale gab, einen neuen Wahlgang zu ermöglichen, ist es jetzt tatsächlich der Fall: Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll noch am Dienstag ein zweites Mal gewählt werden.
Gescheiterte Kanzlerwahl: Was sieht das Grundgesetz vor?
Im Grundgesetz (Artikel 63 Absatz 3) ist laut ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam genau geregelt, wie es nach einem gescheiterten Kanzlerwahlgang weitergeht. Demnach muss in den kommenden 14 Tagen eine erneute Kanzlerwahl im Bundestag stattfinden. Dazu brauche es erneut eine Kanzlermehrheit, so Bräutigam. Den Vorschlag für eine Person im Kanzleramt komme dann aber nicht mehr vom Bundespräsidenten sondern aus dem Bundestag.
Laut Bräutigam können innerhalb der 14 Tage beliebig viele Wahlgänge durchgeführt werden. Wenn in dieser Zeit ein Kandidat oder eine Kandidatin die Mehrheit der Stimmen im Bundestag bekommt, würde die Person der nächste Bundeskanzler oder die nächste Bundeskanzlerin werden.
Was passiert, wenn wieder keine Kanzlermehrheit zustande kommt?
Sollte innerhalb der kommenden zwei Wochen keine Mehrheit zustande kommen, muss laut Bräutigam "unverzüglich" eine Kanzlerwahl stattfinden. Dabei reiche eine einfache Mehrheit aus. Das bedeutet, wer die meisten Stimmen des Bundestags erhält, könnte Kanzler oder Kanzlerin werden. In diesem Fall wäre auch eine Minderheitsregierung möglich, so Bräutigam. Bundespräsident Steinmeier müsse dann entscheiden, ob er eine Minderheitsregierung akzeptiert oder ob er den Bundestag auflöst und Neuwahlen anberaumt.
Reaktionen aus BW zur gescheiterten Kanzlerwahl
Der Karlsruher Bundestagsabgeordnete Parsa Mavi (SPD) sagte nach der Kanzlerwahl dem SWR: "Ich glaube, wir sind zum Optimismus verdammt." Alles andere würde die Dimension einer Staatskrise annehmen, wenn das Parlament und die tragenden Fraktionen der neuen Regierung nicht in der Lage wären, ihren neuen Kandidaten zum Kanzler zu wählen. Die Verantwortung und der öffentliche Druck seien sehr groß, so Mavi weiter. Deshalb sei er zuversichtlich, dass der zweite Wahlgang glücken wird.
Der Vorgang sei "bedauerlich, denn er schwächt nicht nur die zukünftige Regierung, sondern auch unser Land und das Vertrauen in unsere Demokratie", schrieb Grünen-Chefin Franziska Brantner auf der Plattform X. Die Lage sei ernst. Friedrich Merz und Lars Klingbeil (SPD) müssten jetzt zeigen, dass sie eine eigene Mehrheit für einen Kanzler, aber auch für die nächsten vier Jahre Regierungsarbeit sichern können, so die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Heidelberg weiter.
Sendung am Di., 6.5.2025 11:00 Uhr, SWR3 Nachrichten