
Berlin Neues Album von MiA.-Frontfrau: Der neue Spielplatz der Mieze Katz
Mit der Band MiA. hat sie mit Molekülen getanzt und ihr hungriges Herz gefüttert. Nun ist Frontsängerin Mieze Katz erstmals musikalisch solo unterwegs. Im Interview spricht sie über ihr neues Album und warum es nötig war, sich auch mal von der Band zu lösen.
rbb: Mieze Katz, am 9. Mai erscheint Ihr Soloalbum "Dafür oder Dagegen". Wie kamen Sie dazu, jetzt diesen Schritt zu gehen?
Mieze Katz: Die Idee stand schon seit langem im Raum. Immer wurde ich gefragt "Mieze, willst du nicht mal ein Soloalbum machen?" Und ich habe 15 Jahre lang geantwortet: "Nee, fühle ich eigentlich nicht, brauche ich nicht. Ich habe mit MiA. die perfekte Spielwiese." Und dann kam vor zwei Jahren die Idee wieder auf. Ich hatte Themen, ich hatte Musik, ich hatte musikalische Ideen, die ich gerne verwirklichen wollte. Diese kamen bei der Band nicht so gut an. Aber ich habe gemerkt: Ich brenne dafür. Da habe ich mich auf die Suche nach einem Team gemacht - mit voller Unterstützung der Jungs.

"Dafür oder Dagegen": Stellen Sie sich diese Frage häufig?
Mir ging es bei dem Titel vor allem um das Thema Meinungsfreiheit und Widersprüchlichkeit. Wir leben in Zeiten, wo wir einander sehr genau zuhören müssen - alle Entscheidungen haben ihre Beweggründe.
Wie geht man ein Soloalbum an? Wie sieht der Entstehungsprozess aus?
Ich wollte schon länger ein Duettalbum mit Frauen bzw. Flinta-Personen machen. Ich bin in einem sehr männlich dominierten Umfeld unterwegs, da interessiert mich die weibliche Perspektive umso mehr. Wie leben meine Kolleg:innen im Musikbusiness, wie erleben sie ihre Kreativität? Ich liebe den Austausch, und ich finde Unterschiedlichkeiten sind eine Superpower. Ich wollte ein Album mit ganz viel Herz und Bauchgefühl machen. Ich liebe unperfekte Dinge, die aus dem Bauch heraus intuitiv passieren. Ich hatte Lust auf Ehrlichkeit, ganz tiefgründige Wahrheit, einfach zu fühlen und mich verletzlich zu zeigen.
Würden Sie sagen, es ist auch ein feministisches Album?
Vielleicht insofern, als es die Sichtweise von Frauen bzw. Flinta-Personen sichtbar macht. Wenn es auf dem Album um Liebe geht, dann auch um Selbstliebe, Selbstwert. Und: Wer sind diese Stimmen, die unser Selbstwert und unser Selbstbild formen? Sich diese Stimmen zurückzuerobern, kann feministisch sein. Wir haben auch in der Band viel über Rollenverteilung und Geschlechterrollen gelernt. Die Jungs fragt niemand, wo ihre Kinder sind, wenn sie auf Tour sind - mich schon.

Mia Band
In Ihrem Album singen Sie mit vielen unterschiedlichen Musikerinnen. Wie lief die Zusammenarbeit?
Es ging einfacher, als ich dachte. Manchmal war meine Geduld sehr gefordert. Sonst kriege ich eine Anfrage und kann in Ruhe überlegen. Aber diesmal habe ich meine Kolleg:innen gefragt und musste sehr geduldig warten. Aber das Warten hat sich jedes Mal gelohnt. Mir war auch wichtig, meinen musikalischen Vorlieben Raum zu geben - viel Elektronik, Vocals und Harmoniegesang. Ich plane auch Live-Performances nur mit Piano und Cello. Also Dinge, die vielleicht im MiA.-Kontext gar nicht so passen. Aber für mich sind es musikalische Welten, die ich wirklich liebe. Das fühlt sich gerade an wie fliegen, weil ich all das ausleben kann mit einem tollen Team.

Im Lied "Bei dir sein" holen Sie die Stimme der Schauspielerin Hildegard Knef in die Gegenwart. Wie kam es dazu?
Ich schätze Knefs Werk sehr, sie war zu Lebzeiten ihrer Zeit weit voraus - als Schauspielerin, Sängerin, Autorin mit einer ganz eigenen Sprache. Ich wollte schon immer mit ihren Texten arbeiten. Unser Gitarrist Andi hatte die Idee, ein Duett mit der Knef zu machen. Ich meinte nur: "Wie soll das gehen?". Aber er hat sie musikalisch ins Hier und Jetzt geholt. Für meinen eigenen Teil hat mir unser Schlagzeuger Gunnar dann geholfen, einen Text über Abschied zu schreiben. Wir haben beide unsere Mütter verloren - mein Verhältnis war sehr komplex, seines sehr liebevoll. Er hat einen Abschiedstext geschrieben, der es mir erlaubt hat, auch ganz liebevoll von meiner Mama Abschied zu nehmen. Das war ein großes Geschenk.
Von Ihren ersten musikalischen Schritten bis heute sind über 20 Jahre vergangen. Wie blicken Sie heute auf Ihre Entwicklung zurück?
Meine Mutter sagte immer: Ich habe erst gesungen und dann gesprochen. Musik war die erste Sprache, die ich verstanden habe. Ich war lange im Kinderchor und habe viel Klassisches gelernt. Aber die klassische Welt entsprach nicht meinem Lebensgefühl. Und ich bin so dankbar, dass wir MiA. gegründet haben. Da hatten all diese Anteile, die vielleicht zu forsch, zu laut, zu frech, zu viel, zu unvorhersehbar waren, endlich ein Zuhause. Dafür liebe ich die Band, sie ist eine Spielwiese. Auch nach 28 Jahren ist MiA. immer noch das, was wir daraus machen. Und jetzt ist auch mein Soloalbum ein neuer Spielplatz.

Wünschen Sie sich etwas für die Zukunft oder lassen Sie alles auf sich zukommen?
Ich sage seit Jahren: Ich wünsche mir Gesundheit. Ich möchte Beziehungen, die mir wichtig sind, pflegen, Zeit dafür haben und einfach mein Leben wirklich leben und es nicht verpassen. Dazu gehören meine Freunde, meine Familie, auch meine Arbeit. Ich liebe es, zu arbeiten. Ich bin dankbar dafür, es ist mein Beruf und dem möchte ich mich voller Hingabe widmen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview mit Mieze Katz führte Margarete Kreuzer für rbbKultur.
Sendung: rbbKultur, 10.05.2025, 18:30 Uhr