Ein Mann umgeben von braunen Rindern, auf einer Wiese. Er kniet und hält einem RInd die Hand hin.

Hessen Wie das Steak aus dem Vogelsberg auf Frankfurter Restaurant-Teller kommt

Stand: 02.05.2025 12:16 Uhr

Gesundes, regionales Essen auf dem Teller, kurze Lieferwege und Planungssicherheit für Bauern: Die Initiative House of Food will eine Brücke zwischen Stadt und Land schlagen und bringt Erzeuger und Gastronomen zusammen.

Von Katharina Bruns

Jonas Trippner sitzt zwischen seinen Kühen auf der grünen Weide und krault die gemächlichen Tiere am Hals. Zehn Kühe und Kälber sind derzeit auf der Weide, fünf stehen noch im Stall und sollen bald nachkommen. "Ich mag die Arbeit mit den Tieren unglaublich gerne – die Ruhe, die sie ausstrahlen. Und ich liebe den Anblick der roten Kühe auf dem grünen, saftigen Gras", beschreibt der Landwirt aus Stangenrod bei Grünberg.

Trippner ist Bauer aus Leidenschaft – aber nur nach Feierabend. Hauptberuflich arbeitet der 31-Jährige bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft. So sehr er die Arbeit mit seinen Tieren liebt, schätzt er auch das Produkt, das er am Ende in den Händen hält. Damit er dieses als Kleinbauer mit nur 15 Tieren überhaupt vermarkten kann und es sich wirtschaftlich trägt, hat er sich mit vier weiteren Landwirten und fünf Gastronomen zur Gruppe "Ökomodell-Region Vogelsberg" zusammengeschlossen.

Rotes Höhenvieh auf der Weide in Stangenrod im Vogelsberg

Das Rote Höhenvieh war beinahe ausgestorben

Rotes Höhenvieh
Das robuste Hausrind ist die einzige regionale Rinderrasse aus Hessen, die heute noch existiert. Beinahe wäre sie ausgestorben, wurde aber durch eine kleine genetische Probe in den 1980er-Jahren gerettet. Das Rind wächst langsamer als andere Rassen, die besonders für die industrielle Massenproduktion gezüchtet werden. Es steht rund 120 Tage im Jahr auf der Weide und frisst Kräuter und Gräser – was sich auch im Geschmack bemerkbar macht. Die Rinder sind laut Bauer Trippner auch für die Kulturlandschaft wichtig: "Das Grünland, auf dem die Tiere hier stehen, ist ein besonderer Raum für die Artenvielfalt, da ja nur ein kleiner Teil davon beweidet wird."

Das Rote Höhenvieh sucht Abnehmer in der Stadt

Alle Landwirte eint, dass sie die Zucht aus einem gewissen Idealismus betreiben und Wertschätzung für das Tier zeigen, so Trippner. Doch da ihr Produkt – das Rote Höhenvieh – länger auf der Weide steht, langsamer wächst und weniger, dafür aber hochwertiges Fleisch liefert, ist es exklusiver als herkömmliches Fleisch.

Nicht alle Produzenten können ihr Fleisch an Gastronomen aus der Region verkaufen, dafür gibt es nicht genügend Abnehmer. So muss das hochwertige Produkt mitunter doch für einen geringeren Preis in die industrielle Produktion abgegeben werden. Deshalb wollen Trippner und seine Kollegen aus dem Vogelsberg weitere Kontakte in Frankfurt knüpfen.

Um genau diese Brücke zwischen Stadt und Land zu schlagen und Erzeuger mit Abnehmern zu vernetzen, wurde das House of Food (HoF) ins Leben gerufen – eine Initiative des Ernährungsrats Frankfurt. Das Ziel von HoF ist es, den Erzeugern aus der Region Planungssicherheit zu bieten und die regionale Lebensmittelversorgung in und um Frankfurt, insbesondere in Kantinen und Restaurants, zu fördern.

Ernährungsrat Frankfurt
Der Ernährungsrat Frankfurt, getragen vom Verein Bionales e.V., ist ein Gremium aus Akteurinnen der Zivilgesellschaft, Landwirtschaft, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Er setzt sich seit 2017 für eine nachhaltige Ernährungspolitik ein und finanziert sich hauptsächlich durch Fördermittel der Stadt. In Deutschland sind über 60 Ernährungsräte aktiv, die sich für eine gerechte, ökologische und demokratisch gestaltete Ernährungspolitik einsetzen. Das House of Food ist ein Projekt des Ernährungsrats.

Messe bringt Erzeuger und Gastronomen zusammen

Diese Strukturen und Verbindungen zwischen Stadt und Land habe es früher schon gegeben, "aber dann kam der internationale Handel", erklärt Anouk Kuhn, Projektkoordinatorin beim HoF. Regionale Lebensmittel seien nicht nur ökologischer durch kürzere Transportwege, sondern böten auch eine gewisse Ernährungssicherheit: "Als der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, kam es zum Beispiel zu einem Getreideengpass."

Damit Steak, Wurst und Tatar von Bauer Trippner – aber auch viele andere Produkte von Erzeugern aus Hessen – bald in der Mainmetropole auf dem Teller landen, hat das House of Food eine Messe ins Leben gerufen. Dort kommen Landwirte und Produzenten mit Kantinenbetreibern, Catering-Unternehmen und Gastronomen ins Gespräch und können ihre Ware präsentieren.

In einer Halle stehen Menschen hinter Markständen, die reichlich Lebensmittel und Plakate in den Auslagen haben.

Fachmesse für regionale und kulinarische Verbindungen organisiert vom House of Food im Römer in Frankfurt

Gefördert wird das Projekt von der Stadt. "Artenvielfalt, Bodenqualität und Wasser spielen in der Landwirtschaft eine große Rolle. Deshalb ist es wichtig, klimagerechte, nachhaltige und regionale Ernährung zu unterstützen", erklärt Umweltdezernentin Tina Zapf-Rodriguez (Grüne).

Regionalität wird auf dem Teller immer wichtiger

Sandra Pückler ist Messegast und bei der DB Gastronomie für den Einkauf zuständig. Sie nutzt die Messe, um zu schauen, welche weiteren Lieferanten sie aus der Region gewinnen kann – und wurde schon inspiriert: "Mir war bis dato zum Beispiel gar nicht bewusst, dass auch so viele Hülsenfrüchte hier aus der Region kommen." Regionalität auf dem Tisch werde auch in ihrem Unternehmen immer wichtiger.

Auch Simon Horn, Küchenchef und Inhaber des Lokals "Margarete" in Frankfurt, ist Regionalität sehr wichtig. Er hat das Fleisch des Roten Höhenviehs aus dem Vogelsberg bereits probiert und zeigt Interesse an einer Kooperation mit Trippners Gruppe. "Man merkt die Wiese, auf der das Tier stand. Es ist wunderbar würzig." Deshalb will er bald in den Vogelsberg fahren, sich alles anschauen und ausloten, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte.

Drei Männer stehen an einem Küchentresen und lachen in die Kamera. Einer hält eine Schüssel in der Hand, drumherum Utensilien zur Lebensmittelzubereitung.

Küchenchef Simon Horn hat Tatar aus dem Roten Höhenvieh gemacht, daneben Thassilo Görgen und Jonas Trippner vom Ökomodell Region Vogelsberg

Jonas Trippner freut sich, dass das Rote Höhenvieh gut ankommt: "Für mich ist die Vernetzung mit regionalen Kooperationen enorm wichtig, weil ich dadurch eine höhere Wertschöpfung für mein Produkt erzielen kann. Das ist auch für mein Gewissen wichtig – und dafür, dass es nicht im Massenmarkt landet."