Der Eingang zur KZ-Gedenkstätte in Osthofen

Rheinland-Pfalz Rechte Parolen in der KZ-Gedenkstätte in Osthofen

Stand: 10.05.2025 05:31 Uhr

Lieder mit rechtsextremen Inhalten, antisemitische Posts in sozialen Netzwerken: Immer häufiger benehmen sich Schülerinnen und Schüler in der KZ-Gedenkstätte Osthofen daneben.

Von Wolfgang Seligmann

Zwar seien es noch Einzelfälle, sagt Martina Ruppert-Kelly, aber: "Es werden mehr in der jüngsten Zeit." Sie leitet nicht nur die Gedenkstätte, sondern auch den pädagogischen Dienst dort. Es komme vor, dass aus den Handys der Kinder und Jugendlichen rechte Lieder abgespielt würden. Oder antisemitische Internetpostings würden herumgezeigt - dort, wo an die Opfer der Nationalsozialisten erinnert werden soll, die im Konzentrationslager Osthofen eingesperrt waren und gefoltert wurden.

Kein "tief verwurzeltes rechtes Gedankengut" bei den Schülern

Solch ein Verhalten komme aber nicht aus bösem Willen oder einem tief verwurzelten rechten Gedankengut bei den Jugendlichen, beurteilt Ruppert-Kelly diese Vorkommnisse. Es sei vielmehr Unwissenheit. "Wenn wir mit den Kindern und Jugendlichen darüber reden und ihnen klar machen, was sie da tun, warum das nicht in Ordnung ist, sind die meistens sehr erschrocken und auch einsichtig."

Schlechte Vorbereitung in der Schule auf den Gedenkstätten-Besuch

Oft fehle auch die richtige Vorbereitung auf einen solchen Besuch in Osthofen, so Ruppert-Kelly. Beispielsweise, wenn Lehrer sich die Gedenkstätte spontan als Ziel für einen Wandertag aussuchen.

Für uns ist es immer das Schlimmste, wenn eine Schule Wandertag hat und den Lehrkräften nichts Besseres einfällt, als in die Gedenkstätte zu fahren. Martina Ruppert-Kelly, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Osthofen

Die Schülerinnen und Schüler seien dann nicht vorbereitet, hätten kaum Kenntnisse über den Nationalsozialismus und die Verbrechen, die damals geschehen sind. Dann kämen solche negativen Vorfälle eher mal vor. Die Jugendlichen merkten dann, dass der Ort ihnen nicht gut tue, fühlten sich unwohl und würden sich daneben benehmen, um das irgendwie zu kompensieren.

Wenn dann antisemitische oder rechtsradikale Äußerungen kämen, werde mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften etwas abseits und nicht in der großen Gruppe darüber gesprochen. Das funktioniere auch ganz gut, bislang habe es keine größeren Probleme gegeben, sagt Ruppert-Kelly.

Zwei Schüler interessieren sich für die Ausstellungsstücke in der KZ-Gedenkstätte Osthofen

Schüler informieren sich über das KZ in Osthofen in einer der verschiedenen Ausstellungen dort.

Radikalisierung der Jugendlichen ist spürbar

Allerdings spüre sie grundsätzlich eine zunehmende Radikalisierung im Gedankengut der Jugendlichen. Martina Ruppert-Kelly vermutet, dass da vieles über Social Media verbreitet wird. Deshalb sei ein Besuch in der Gedenkstätte besonders wichtig, um die Wirklichkeit von damals zeigen zu können.

Wir sind keine antifaschistische Waschmaschine. Man macht eine Führung hier und alles ist wieder gut - das funktioniert natürlich nicht. Martina Ruppert-Kelly zu falschen Erwartungen der Lehrer

Es gäbe auch immer wieder Anrufe von Lehrerinnen oder Lehrern, weil in der Klasse der Hitlergruß gezeigt wurde und sie deshalb eine Führung durch die Gedenkstätte buchen wollen. Das funktioniere so natürlich nicht, sagt Ruppert-Kelly. Die Gedenkstätte sei keine "antifaschistische Waschmaschine". Eine Führung allein könne solche Probleme nicht lösen.

Noch schlimmere Erfahrungen in Gedenkstätten im Osten Deutschlands

In anderen Gedenkstätten ist dieses Verhalten von Schülerinnen und Schülern schon fast Alltag, vor allem in Ostdeutschland, erzählt Martina Ruppert-Kelly: "Die Gedenkstätten in Deutschland sind gut miteinander vernetzt, deshalb weiß ich, was dort passiert." Mitarbeiter der Gedenkstätten würden bedroht, zum Teil würden sie ihre Bilder von den Homepages nehmen, um nicht erkannt zu werden.

Innerhalb der Besuchergruppen gebe es massive Holocaust-Leugnungen, die Leiter der Führungen würden gezielt verunsichert. Es komme auch immer wieder vor, dass Eltern den Lehrkräften sagten: Wir wollen nicht, dass unsere Kinder die Gedenkstätte besuchen. "Da kann man schon ein bisschen Angst bekommen", sagt die Leiterin der Gedenkstätte Osthofen. Und ist froh, dass solche Erlebnisse in Osthofen noch die Ausnahme sind.