Rheinland-Pfalz Warum junge Menschen heute zu den Pfadfindern gehen
Pfadfinder sind mit vielen Klischees konfrontiert. Gleichzeitig ist die Jugendbewegung heute beliebter denn je. Die Mitgliederzahlen steigen. Tausende treffen sich jetzt im Westerwald.
"Wie oft habe ich gehört, ob man als Pfadfinderin älteren Menschen über die Straße hilft oder ob man Kekse verkauft", sagt Nadine Beiersdorf vom Ring deutscher Pfadfinder*innenverbände (rdp). "Aber Pfadfinden ist so viel mehr." Rund 170.000 Mitglieder sind im rdp in Deutschland organisiert. Fünf Verbände haben sich hier zusammengeschlossen, dazu kommen viele weitere. Nachwuchsprobleme haben die Pfadfinder nicht. "Tatsächlich merken wir momentan eher ein leichtes Wachstum", sagt Beiersdorf.
4.000 Pfadfinder treffen sich im Westerwald
Noch bis Sonntag, dem 4. Mai, treffen sich über 4.000 Pfadfinder und Pfadfinderinnen der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) in Westernohe im Westerwaldkreis. Es ist nach Angaben der Organisatoren das bundesweit größte Pfadfinderlager für ehrenamtliche Leitende aus ganz Deutschland. Geplant sind Vorträge, Workshops, Diskussionsrunden und Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch.
Wöchentliche Treffen und Zeltlager
Auch Pauline Lotz ist schon seit vielen Jahren bei den Pfadfindern dabei. Inzwischen hat die 16-Jährige ebenfalls den Kurs zur Gruppenleitung in ihrem Verband absolviert. "Durch die ganzen Filme denken viele, Pfadfinder wären kleine Kinder auf der Jagd nach dem nächsten Abzeichen. Aber tatsächlich gibt es kein Feuerabzeichen oder was auch immer", sagt die Jugendliche aus Gau-Bischofsheim.
Für sie steht die Gemeinschaft im Vordergrund. "Durch die Pfadfinder habe ich so viele neue Leute kennengelernt, mit denen man sich direkt versteht, weil man so eine große Gemeinsamkeit teilt", sagt sie. Ihre Gruppe trifft sich einmal in der Woche, außerdem gibt es Zeltlager. "Wir tauschen uns aus und lernen neue Sachen, wie Knoten machen", erzählt die Tochter einer SWR-Kollegin. Pauline sind auch die gemeinsamen Werte wichtig: "Pfadfinder sind sehr hilfsbereit und nehmen jeden auf und akzeptieren jeden."
Pfadfinder: Selbstwirksamkeit und Verantwortung lernen
"Das Thema Gemeinschaft wird Großgeschrieben", sagt auch Beiersdorf vom rdp. "Wenn wir wieder die Klischees aufgreifen möchten: Am Lagerfeuer sitzen und gemeinsam singen und Geschichten erzählen - ich glaube das ist ein Klischee, was auf die meisten Stämme dann auch zutrifft." Zu den Zielen der Pfadfinder gehöre es, Selbstwirksamkeit und Verantwortung für andere zu lernen und engagierte Mitglieder der Gesellschaft zu werden.
Fokus auf Gesellschaft und Demokratie
Die Jugendbewegung gibt es inzwischen seit mehr als 100 Jahren. Sie sei auch heute lebendig und zeitgemäß, sagt Beiersdorf. Der Fokus liege auf gesellschaftlichen Themen und gelebter Demokratie. "Auch in den Gruppenstunden setzen wir uns viel mit aktuellen Themen wie Geschlechtervielfalt, digitaler Bildung und Nachhaltigkeit auseinander."
Pauline hat in ihrer Ausbildung zur Gruppenleiterin unter anderem gelernt, wie man Zelte aufbaut, kocht und Feuer macht. Auch ein Erste-Hilfe-Kurs war dabei. "Das alles kann ich auch außerhalb vom Gruppenleitersein oder sogar außerhalb der Pfadfinder gut gebrauchen", sagt sie. Ihr bisheriges Highlight in der Jugendbewegung war ihre Reise nach Südkorea 2023, um beim weltweit größten Treffen von Pfadfindern aus der ganzen Welt teilzunehmen.
Suche nach Ehrenamtlichen als Herausforderung
Eine Gruppe leitet sie jedoch bisher nicht. Ihr ist die Verantwortung für die Kinder noch zu groß, dazu kommt der Aufwand neben der Schule. Dieses Problem kennt auch Beiersdorf vom rdp: "Unsere Herausforderung liegt momentan darin, Ehrenamtliche für langjähriges Engagement zu finden", sagt sie. "Gerade mit schulischen Verpflichtungen oder neben dem Job."
Sendung am Fr., 2.5.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP