Isar und Deutsches Museum auf der Museumsinsel in München.

100-jähriges Jubiläum Das Erfolgsrezept des Deutschen Museums

Stand: 06.05.2025 14:06 Uhr

Mit 1,5 Millionen Besuchern jährlich ist es Deutschlands beliebtestes Museum. Seit 100 Jahren zeigt das Deutsche Museum Flugzeuge, Schiffe und interaktive Stationen. Die Exponate sind aber nur ein Teil des Erfolgs.

Von Simon Emmerlich, BR

"Normalerweise würden wir jetzt mit dem Vaterunser anfangen!" Das Flugzeug, in dem Tom Sittenauer sitzt, rast direkt auf ein Bergmassiv zu. Im letzten Moment zieht der Pilot nach oben und vollführt im Überflug noch ein elegantes Rollmanöver. "Wie bei Top Gun!", sagt der professionelle Fluglehrer, der den fünf Millionen Euro teuren Flugsimulator des Deutschen Museums in München betreut.

Besucher können hier immersiv erleben, wie man sich am Steuer eines Flugzeugs fühlt. Sittenauer flog zum Ende seiner Pilotenlaufbahn große Boeing-Maschinen auf der Langstrecke, tauschte schließlich das anstrengende Reisen gern gegen den kommunikativen Museumsjob.  

Wissenschaft zum Anfassen und Erleben

Auch Anna-Lena Kämper ist Teil des Teams, sie steht in einem Museumshörsaal und gibt gerade eine Science-Show. Gespannt blickt das Publikum aus Kindern und Erwachsenen auf die metallene Schüssel in ihrer Hand, aus der plötzlich dichter, weißer Nebel quillt. Ein Stickstoff-Experiment zum Staunen.

Sehr gut kommt bei Kindern auch der kleine Roboterhund an, den Kämper fernsteuert und kleinere Tricks aufführen lässt. Pfote geben, winken, alles kein Problem. Inzwischen sage sie dem kleinen Hund am Abend schon mal gute Nacht, sagt Kämper lachend - so lebensecht wirkt die vierbeinige Drohne.

Museumspädagogik durch begeisterte Vermittler - das ist neben spektakulären Ausstellungsobjekten der zweite große Erfolgsfaktor des Deutschen Museums. Eine neunjährige Münchnerin war kürzlich die 100.000.000ste Besucherin. 

Startpunkt von Nobelpreis-Karrieren

Leuchtende Kinderaugen waren hier der Ausgangspunkt so mancher Wissenschaftskarriere. "Ich war im Alter von fünf Jahren mit meinem Vater im Deutschen Museum, deshalb habe ich Chemie studiert" - solche Sätze hört Museumschef Wolfgang Heckl immer wieder - zuletzt von Benjamin List, der 2021 den Chemie-Nobelpreis erhielt.  

Ein Tempel der Volksbildung zu sein, das ist schon seit 100 Jahren das Credo des Deutschen Museums. Gegründet 1903 von Ingenieur, Visionär und Menschenfreund Oskar von Miller. Von ihm soll der Satz stammen: "Das Wohl der Menschheit zu fördern, ist der Sinn der Technik."

Schulfrei zur Eröffnung im Jahr 1925

1925 bezog das Museum nach Jahren des hartnäckigen Spendensammelns durch von Miller seinen heutigen Standort auf einer Kiesbank in der Isar. Die Bauweise aus Stahlbeton war damals hochmodern. 1.500 Betonpfähle wurden in den kiesigen Untergrund gerammt und ermöglichten überhaupt erst das Bauwerk, das so selbst Zeugnis höchster Ingenieurskunst sein sollte.

Aber der Standort im Fluss war immer auch Risiko, erst jetzt bekam das Museum im Zuge der laufenden Generalsanierung eine wasserdichte Betonwanne, die das Haus vor Grund- und Hochwasser schützen soll. 

Zur Eröffnung am 7. Mai 1925 feierte München mit einem 1,4 Kilometer langen Festzug. Behörden hatten auf von Millers Drängen hin geschlossen, die Kinder schulfrei. 47.000 Bedürftige bekamen eine Mark geschenkt. Das reichte für zwei Eintritte ins neue Museum - oder eine Maß Bier auf dem Oktoberfest. 

125.000 Objekte

Der Elektrizitäts- und Wasserkraftpionier von Miller wäre heute sicher sehr zufrieden damit, wie Nachfolger wie Wolfgang Heckl seine Idee weiterführten und immer wieder aktualisierten. An insgesamt vier Standorten versammelt das Haus heute 125.000 Objekte, von denen etwa 25.000 laufend gezeigt werden.

Das älteste ist 3,7 Milliarden Jahre altes Mondgestein, das längste ein Foucaultsches Pendel mit 60 Meter langem Drahtseil, an dem eine 30 Kilogramm schwere Bleikugel hängt. In seinen Ausmaßen das größte Objekt ist das 100 Tonnen schwere Militär-U-Boot "U1".  

Ein Saal ist voll besetzt, während Frank-Walter Steinmeier zum 100-jährigen Bestehen des Deutschen Museums eine Rede hält.

Beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen bezeichnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch sich selbst als großen Fan des Deutschen Museums.

Sanierung viel teurer als geplant

750 Millionen Euro wird die seit zehn Jahren laufende Generalsanierung insgesamt wohl kosten, rund 300 Millionen Euro mehr als zu Baubeginn geplant. Die entstandenen Mehrkosten teilen sich Bund und Freistaat Bayern. Denn das Museum ist nicht nur ein wichtiger Faktor für den Wissensstandort Deutschland, sondern auch ein Leuchtturm der Wissenschaftsfreiheit, die derzeit vor allem in den USA bedrohter denn je erscheint. 

Zum Festakt reiste Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach München. Er ist nach eigener Aussage ein großer Fan des Deutschen Museums. An dessen Macher richtete er aber auch mahnende Worte bezüglich allzu großer Fortschrittsgläubigkeit:

Zeichnen Sie auch in Zukunft ein realistisches Bild von Chancen und Risiken neuer Technologien, und bilden Sie auch wissenschaftliche Kontroversen darüber ab, wie wir das Überleben der Menschheit auf unserem Planeten sichern!

Mit Material von dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Mai 2025 um 23:35 Uhr.