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Zweitmarkt für Konzertkarten Wie Fans vor Abzocke geschützt werden sollen

Stand: 01.05.2025 04:49 Uhr

Wiederverkaufsportale erwerben mittels Bots begehrte Veranstaltungstickets, um sie dann mit Aufschlägen anzubieten. Die künftige Bundesregierung will Fans vor dieser Abzocke schützen, stößt aber an Grenzen.

Von Samira Straub, SWR

Wer in letzter Zeit versucht hat, Tickets für große Konzerte oder Sportereignisse zu kaufen, kennt das Problem: Die Nachfrage ist hoch, die Preise ebenso - und das längst nicht nur auf den offiziellen Seiten. Auf Plattformen wie Viagogo, Kleinanzeigen oder eBay werden Tickets systematisch weiterverkauft, teils zum Drei- oder Vierfachen des Originalpreises.  

Die kommende Bundesregierung will gegensteuern. Im Koalitionsvertrag heißt es, man wolle unter anderem vor "betrügerischen Verkaufspraktiken und unlauterem Verhalten schützen" und den Zweitmarkt stärker regulieren. Eine Maßnahme, die viele begrüßen - doch welche Hebel gibt es überhaupt, um die Preisexplosion zu bremsen?  

Private Verkäufe und systematische Abzocke

Der Ticket-Zweitmarkt teilt sich in zwei Bereiche auf: private Verkäufe bei Verhinderung und gewerblicher Handel, bei dem Karten systematisch mit Gewinn weiterverkauft werden. 

Dafür greifen sogenannte Bots in Sekundenschnelle auf Ticketportale zu und decken sich dutzendfach ein, während der normale Fan noch in der digitalen Warteschlange festhängt. Anschließend landen die Karten bei Viagogo und Co. - aus 80 Euro werden schnell 250 Euro. Plattformen kassieren doppelt: durch Aufpreise und hohe Gebühren. 

Was die künftige Bundesregierung plant

Die rechtliche Lage bei solchen Anbietern ist bislang lückenhaft. Zwar verbieten manche Veranstalter gewerblichen Weiterverkauf, durchsetzen lässt sich das jedoch kaum. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, wie staatliche Eingriffe aussehen könnten. Dort verbietet der "BOTS Act" von 2018 den massenhaften Einsatz automatisierter Ticketsoftware. 

Plattformen müssen zudem klar anzeigen, wenn ein Ticket aus zweiter Hand stammt - inklusive Originalpreis. Auch das will die neue Regierung laut Koalitionspapier angehen, um "mehr Transparenz über Preise" zu schaffen. 

"Bei Abschluss des Kaufvertrags muss klar sein, wie hoch der Originalpreis des Tickets war und ob der Ticketverkäufer gewerblich oder privat agiert", sagte SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner SWR Kultur. Ein Meldesystem, bei dem Käufer auf Falschangaben hinweisen können, soll laut Koalitionsvertrag betrügerische Angebote schnell aus dem Netz entfernen.  

Ferner sollen Veranstalter laut Fechner die Möglichkeit bekommen, in ihren AGB eine Preisdeckelung zu verankern, sodass Tickets beispielsweise nur 30 Prozent über Originalpreis weiterverkauft werden dürfen. 

"Dynamic Pricing" steht in der Kritik

Doch auch Event-Veranstalter bieten oftmals selbst Tickets zu horrenden Preisen an. Umstritten ist das sogenannte "Dynamic Pricing". Das von Flugbuchungen bekannte Modell passt Preise dynamisch an: Wer früh kauft, zahlt weniger. Auch hier will die künftige Regierung ein mögliches Einhaken prüfen, wie Fechner erklärt: Sind Veranstaltungsorte in öffentlicher Hand, soll via Pachtvertrag mit den Veranstaltern das "Dynamic Pricing" untersagt werden. 

Wie genau die künftige Regierung ihre Pläne umsetzen will, bleibt offen. Beispiele aus anderen Ländern zeigen Alternativen: Frankreich erlaubt den gewerblichen Weiterverkauf von Tickets nur mit Genehmigung des Veranstalters. In Belgien ist der Verkauf nur zum Originalpreis möglich. Italien setzt bei Großevents auf personalisierte Tickets, um den Wiederverkauf zu erschweren. 

Ein komplettes Verbot ist schwierig

Warum also komplizierte Systeme, wenn man den gewerblichen Ticket-Zweitmarkt auch in Gänze verbieten könnte? Das sei in Deutschland juristisch heikel, erklärt Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der CDU: "Ein pauschales Verbot würde nicht nur rechtliche, sondern auch praktische Fragen aufwerfen, etwa im Hinblick auf internationale Anbieter." Dem entgegen stehen Künstler wie Ed Sheeran oder Rammstein, die sich seit Jahren mit personalisierten Tickets und offiziellen Resale-Plattformen gegen den Schwarzmarkt wehren.   

Ticketplattformen argumentieren mit Marktmechanismen gegen die geplanten Eingriffe: Tickets kosten, was Menschen zu zahlen bereit seien. Viele Veranstalter stünden nach der Corona-Pandemie zudem finanziell unter Druck.  

Technische Lösungen und Bewusstseinswandel gefragt

Kritiker hingegen sehen in den steigenden Preisen eine Entwertung von Kultur als Gemeingut. Ob die geplanten Maßnahmen den Markt spürbar verändern, hängt stark von der Durchsetzung ab. Die Gesetzgebung allein genügt nicht: Ohne technologische Lösungen und eine enge Kooperation von Veranstaltern, Künstlern und Fans wird es kaum gelingen, den Zweitmarkt einzudämmen.  

Langfristig wird sich auch das Bewusstsein ändern müssen: Wer ausschließlich über offizielle Stellen kauft, schützt sich am besten. 

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR Kultur am Abend am 30. April 2025 um 18:30 Uhr.