
Handelskonflikt Chinas Exporte in die USA brechen ein
Trotz des laufenden Zollkonflikts mit den USA sind Chinas globale Exporte im April überraschend deutlich gewachsen. Der Handel zwischen China und den USA ist dagegen deutlich erlahmt. Am Wochenende wird verhandelt.
Die chinesischen Ausfuhren stiegen im April im Jahresvergleich um 8,1 Prozent. Die Importe sanken hingegen um 0,2 Prozent. Beide Werte entsprechen nicht den Erwartungen von Ökonomen, die wegen des Zollkonflikts mit den USA von einer deutlich stärkeren Abschwächung des chinesischen Handels ausgegangen waren. Von Reuters befragte Experten hatten einen Anstieg der Exporte um 1,9 Prozent und einen Rückgang der Importe um 5,9 Prozent prognostiziert. Chinas Handelsüberschuss betrug rund 96 Milliarden US-Dollar, was etwa 86 Milliarden Euro entspricht.
Im März hatte China einen Anstieg bei den Ausfuhren von 12,4 Prozent verglichen zum Vorjahr verzeichnet. Experten vermuteten, dass Firmen vor den eintretenden Zöllen Lagerbestände aufgebaut hatten.
Chinas Handel mit den USA erlahmt
Anders sehen die Zahlen beim Handel mit den USA aus. Den Angaben zufolge brachen Chinas Exporte in die USA um 21 Prozent und die Importe um 13,8 Prozent ein. Der Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ist wegen der hohen Aufschläge mehr oder weniger zum Erliegen gekommen. Washington und Peking hatten Berichten zufolge im Technologie-Bereich bei wichtigen Produkten aus dem jeweils andern Land bereits Ausnahmen gemacht.
Im April waren in den USA Zölle in Höhe von 145 Prozent auf chinesische Waren in Kraft getreten. China hat als Vergeltungsmaßnahme gegen die US-Zölle seine Abgaben auf US-Importe auf 125 Prozent heraufgesetzt.
Nachfrage aus Vietnam und Thailand stützt Exporte
Dass die Ausfuhren trotz der hohen Handelshürde beim wichtigsten Kunden USA insgesamt deutlich zulegten, ist vor allem auf die starke Nachfrage aus südostasiatischen Ländern wie Vietnam und Thailand zurückzuführen. "Diese Länder haben ihre Produktion hochgefahren", sagte die China-Direktorin des Beratungsunternehmens Eurasia Group, Dan Wang. Auch sie wurden am 2. April mit hohen US-Zöllen belegt, die jedoch für 90 Tage ausgesetzt worden sind. Sie nutzen die Verschnaufpause, um so viel wie möglich in die Vereinigten Staaten zu liefern.
"Ihre Produktion ist in hohem Maße von Chinas Rohstoff- und Industrieexporten abhängig", sagte Wang. "Das hat die chinesischen Exporte dorthin angekurbelt." Die Lieferungen in die sogenannten ASEAN-Länder schnellten im April um 20,8 Prozent nach oben auf mehr als 60 Milliarden Dollar.
"Handelsdaten könnten sich schnell verschlechtern"
Experten rechnen auch für Mai und Juni damit, dass die Nachfrage aus Asien einen möglichen Einbruch des US-Geschäfts ausgleichen kann. "Die Handelsdaten könnten sich jedoch recht schnell verschlechtern, wenn die 145-prozentigen Zölle auf China weiter in Kraft bleiben und die Gespräche der ASEAN-Länder mit der Trump-Regierung keine Fortschritte erzielen", betonte Wang.
Die chinesische Wirtschaft ist auf Exporte angewiesen, auch, weil die Binnennachfrage wegen der Immobilienkrise schwächelt. "Der Schaden der US-Zölle ist in den Handelsdaten für April nicht sichtbar", sagte Chefökonom Zhiwei Zhang vom Vermögensverwalter Pinpoint. "Ich gehe davon aus, dass sich die Handelsdaten in den nächsten Monaten allmählich abschwächen werden."
Große Risiken für Deutschland
Das wird Folgen für die deutsche Wirtschaft haben. Peking habe sich in den letzten Jahren gut auf eine Eskalation mit den USA vorbereitet, sagt Max Zenglein, Ökonom beim Institut für China-Studien Merics in Berlin. Die Eskalation im Handelsstreit berge jedoch "massive Gefahren" für die Weltwirtschaft und damit auch für Deutschland. "In einer zunehmend von geopolitischen Rivalitäten geprägten Ära der Globalisierung, laufen deutsche Unternehmen Gefahr zwischen die Fronten zu geraten", sagt Zenglein.
Chinas Handel mit Deutschland entwickelte sich im April in extreme Richtungen. Die Ausfuhren schossen im Vergleich zum selben Vorjahresmonat um 20,4 Prozent in die Höhe. Die Importe gingen dagegen deutlich um 12,2 Prozent zurück. Auch Chinas Einfuhren aus der EU sanken merklich um 16,5 Prozent. Die Ausfuhren in die Europäische Union wuchsen dagegen um 8,3 Prozent auf 46,7 Milliarden Dollar.
Wie reagiert China?
Um die Auswirkungen des Handelskonflikts mit den USA abzuschwächen, versucht die chinesische Regierung mit Konjunkturmaßnahmen gegenzusteuern. Die Führung möchte mit Zinssenkungen und mehr Geld für Kredite in Bereichen wie Technologie oder Dienstleistungen Markterwartungen stabilisieren und der wirtschaftlichen Erholung helfen.
Experten raten China schon länger, den Fokus auf mehr Konsum im Inland statt auf eine von Subventionen getriebene Industriepolitik zu legen. Mit einem Programm, bei dem Menschen alte Geräte oder Autos eintauschen und zu günstigeren Preisen neue kaufen können, versucht die Führung, die Nachfrage bereits zu unterstützen.
Aber es finden auch Verhandlungen statt. Am kommenden Wochenende werden US-Finanzminister Scott Bessent und der für wirtschafts- und handelspolitische Fragen zuständige Vize-Ministerpräsident Chinas, He Lifeng in Genf in der Schweiz über den Zollstreit sprechen.
China setzt auf Kooperation
Laut Zenglein versucht China, die Disruptionen in der globalen Weltordnung derzeit auch auszunutzen, um sich anderen Ländern gegenüber als der verlässlichere und bessere Partner zu präsentieren.
Während die USA den Konflikt mit anderen Ländern suchten, wolle China die wirtschaftliche Kooperation stärken und Herausforderungen wie massive Handelsüberschüsse in den Hintergrund drängen, sagt er. Zuletzt warb Staats- und Parteichef Xi Jinping etwa bei Besuchen in Russland, Vietnam oder Malaysia für mehr Zusammenarbeit.